Bobby Deerfield
nach Erich Maria Remarques Roman Der Himmel kennt keine Günstlinge (1961)
USA
1977; Columbia Pictures
Originallänge: 124 Min., Farbe
Regie: Sidney Pollack; Produktion: John Foreman; Buch:
Alvin Sargent; Kamera: Henry Decae; Schnitt:
Frederic Steinkamp; Musik: Dave Grusin
Darsteller: Al Pacino (Bobby Deerfield),
Marthe Keller (Lilian), Anny Duperey (Lydia), Walter McGinn (Leonard Deerfield), Romolo Valli (Onkel Luigi), Stephan
Meldegg (Karl Holtzmann),
Jaime Sanchez (Delvecchio), Norm Nielsen (Musiker),
Dorothy James, Mickey Knox (Touristen), Guido Alberti (Priester), Monique
Lejeune (Catherine Modave), Steve Godier
(Bertrand Modave), Aurora Maris (Frau an der
Tankstelle), Gerard Hernandez (Carlos Del Montanaro)
Erstaufführung:
31. August 1977
Deutsche Erstaufführung: 24. November 1977
Der Film beginnt mit einem Autorennen in
Frankreich, bei dem ein Fahrer tödlich verunglückt. Ein Kollege des
Verunglückten, der amerikanische Rennfahrer Bobby Deerfield,
nimmt sich danach eine Auszeit vom Renngeschäft, um die Ursache des Unfalls zu
ermitteln und das Unfallauto, das dem Modell-Typ seines eigenen entspricht,
genau zu überprüfen.
Deerfield ist ein echter Star im Rennfahrermilieu und
lebt ein mondänes Leben mit einer Wohnung in Paris und einer Modedesignerin als
Freundin. Er ist ein selbstverliebter Star ohne Vergangenheit und hat sein
altes Leben ohne Ruhm völlig hinter sich gelassen. Als Produkt vermarktet und verkauft
ist er schweigsam und abweisend geworden.
Auf seiner Suche nach der Unfallursache befragt er einen Überlebenden des
Unfalls, der schwer verletzt in einer Schweizer Klinik liegt. Dort lernt er
auch die Europäerin Lilian Dunkerque kennen und nimmt
sie mit nach Florenz.
Eine tragische Liebesgeschichte beginnt, denn sie ist todkrank und aus der
Klinik geflüchtet, um ihre letzten Tage zu genießen und dann auf ihre Weise zu
sterben. Deerfield weiß nichts von ihrer schweren
Krankheit und ist fasziniert von ihrer spontanen Art. Ihre Krankheit hat sie
sprunghaft und launisch gemacht, denn sie versucht in kurzer Zeit noch so viel
zu erleben wie möglich.
Deerfield ist oft irritiert von ihrem provokanten
Verhalten, aber trotzdem nähern sich die beiden in intensiven Gesprächen an. So
verbringen sie eine ungewöhnlich schöne Zeit gemeinsam und machen viele Reisen
durch Europa. Lilian macht jedoch immer wieder deutlich, dass sie sich nicht
besitzen lässt.
Erst nach einer ganzen Weile erfährt Deerfield von
ihrer schrecklichen Krankheit. Dieser Schock und die Angst, sie zu verlieren,
machen einen neuen Menschen aus ihm. Er wandelt sich vollkommen in all seinen
Ansichten und führt sein Leben nur noch für Lilian. Er hilft ihr auf ihrem
schweren Weg in den Tod, und sie nimmt die Hilfe nun dankbar an. Er pflegt und
besucht sie in der Klinik, in die sie auf eigenen Wunsch zurückgekehrt ist.
Dort verstirbt sie auch kurze Zeit später und lässt Deerfield
gewandelt zurück.
Schon 1960 verkaufte Erich Maria Remarque
die Filmrechte an Der Himmel
kennt keine Günstlinge für 350.000 Dollar an die Columbia
Pictures, noch bevor der Roman fertiggestellt wurde. Erst 1977 wurde der Roman
in den USA nach dem Drehbuch von Alvin Sargent und unter der Regie von Sidney
Pollack verfilmt. Der Titel des Films wurde jedoch in Bobby Deerfield geändert und auch ansonsten hat Pollacks Werk
nur wenig mit der Romanvorlage gemeinsam. Nur Bruchstücke von Remarques
geistigem Tiefgang erscheinen in der eher kitschig geratenen Liebesgeschichte.
Auch Zeit und Milieu sind in die 70er Jahre verlagert.
Das Resultat der Dreharbeiten versprüht einen eher eigenartigen Reiz und sollte
eigentlich zum Kultfilm der 70er Jahre avancieren, was jedoch trotz
Star-Besetzung nicht gelang. Marthe Keller spielt die todkranke Lilian und
überzeugt nur wenig in ihrer Rolle als Sterbende. Bisher spielte sie
ausschließlich in Europa und startete ihre US-Karriere erst zwei Jahre vor den
Dreharbeiten zu Bobby Deerfield. In Europa ist
sie mit immerhin 48 Fernsehspielen und 13 Filmen zu einigem Ruhm gelangt. Dort
spielte sie jedoch immer eher gesunde und romantische Mädchen und nicht solch
tragische Rollen, wie die der Lilian. Obwohl Marthe Keller selbst angab, dass
sie sich der Rolle sehr nah fühlte, konnte sie mit ihren mangelnden
Englischkenntnissen nicht überzeugen. Die Presse schrieb, die 31jährige
Schweizerin spreche ein Englisch à la Dietrich. Ob dies ein Lob oder eine
Kritik ist, muss wohl jeder selbst entscheiden. Zumindest muss Marthe Keller
der Teil ihrer Rolle leicht gefallen sein, in dem sie ihre Liebe zu dem
Rennfahrer Bobby Deerfield zeigen durfte, denn dieser
wird gespielt von Al Pacino, der auch im echten Leben ihr Partner war.
Al Pacinos Spiel ist wesentlich überzeugender, und so zieht er immer wieder den
Film aus seinen Tiefs. Mit seinen darstellerischen Qualitäten gibt er trotz der
eher schwachen Geschichte eine überzeugende Figur ab. Die „Liebesgeschichte auf
Rädern“ zeigt das von Tod und Tristesse geprägte Rennfahrergeschäft und die
ungewöhnliche Liebe zweier Menschen mit einer ähnlichen Entwicklung. Lilian und
Deerfield machen einen ähnlichen Wandel durch, wenn
auch durch ganz unterschiedliche Ursachen. Beide finden sich selbst, öffnen
sich dem anderen und lernen wirklich zu leben: Lilian durch ihre Krankheit und Deerfield durch seinen Beruf. Deerfield,
der die Plastik-Society der USA verkörpert, wird von der eher europäisch und
dadurch traditionsbewusst erzogenen Lilian bekehrt. Sie lehrt ihn das Leben
wirklich zu fühlen und kämpft mit Worten gegen seine Plastikwelt.
Diese Selbstfindung ist untermalt von unendlich viel Liebes-Kitsch und der
ergreifenden Sterbehilfe am Ende der Geschichte. Die schlechte Sprache und die
Trivialität des Publikumsfilms brachten ihm eine geteilte Presse-Kritik ein.
Gelobt wurden jedoch die schönen Bilder, die Gestaltung der Landschaften und
die Fähigkeit, Gesichter im richtigen Moment einzufangen. Trotzdem lief das
Geschäft nur mittelmäßig an, so dass der Film insgesamt eher als Flop gewertet
werden kann. Als Buch zum Film erschien 1977 dann auch Der Himmel kennt keine Günstlinge, und zwar
unter dem Titel Bobby Deerfield.
Maren
Koch
Saskia Fares. »Filmanalyse Bobby Deerfield«.
Thomas F. Schneider (ed.). Erich Maria Remarque und der Film. Göttingen: V&R unipress, 2012 (Erich Maria Remarque Jahrbuch/Yearbook 22), 51–95.
Rezensionen
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[R-A 9.11.009].
Gow, Gordon.
“Bobby Deerfield”. Films & Filming, 11.1977 [R-A 9.11.011/001].
E.h. “Der Himmel kennt keine Günstlinge”. Multimedia, 08.-21.01.1978 [R-A 9.11.021].
Huber, Jörg. “Bobby Deerfield”. Zoom, 23, 1977, S.14-16
[R-A 9.11.002].
Murf. “Bobby
Deerfield”. Variety Film Reviews (New York), 14.09.1977 [R-A
9.11.005/001].
Schmidt, Eckhart. “Die Plastikwelt in der
Krise. Sydney Pollacks Bobby Deerfield nach
Erich Maria Remarque”. Deutsche Zeitung,
49, 25.11.1977, S.10 [R-A 9.11.016].
Schwarzkopf, Margarete von. „Lovestory mit
Heißluftballons“. Die Welt (Hamburg), 21.11.1977 [R-A 9.11.015].
Stange, Claude
Richard. “Das Leben ist hart“. Basler Magazin
(Basel, CH), 41, 12.11.1977, S.9 [R-A 9.11.013].