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Die letzte Station

Schauspiel in zwei Teilen

 

Deutschsprachige Erstausgabe: Erich Maria Remarque. Die letzte Station. Schauspiel in zwei Teilen. Berlin: Oscar Karlweiß, 1956.

Aktuelle Ausgabe: Erich Maria Remarque. Die letzte Station. Der letzte Akt. Ed.: Thomas F. Schneider, Tilman Westphalen. Ann.: Thomas F. Schneider. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 1998 (Das unbekannte Werk 3: Werke für Theater & Film).

 

 

 


Inhaltszusammenfassung

Die Rote Armee nähert sich am 30. April 1945 Berlin. Der KZ-Häftling Ross entkommt während eines Bombenangriffs und flüchtet in das Haus eines gewissen Wilke, dessen Adresse ihm ein Mithäftling genannt hatte. Dort trifft er jedoch nur auf Anna, die ihm nach einigem Zögern Zuflucht für einen Tag gewährt.
Ross gibt sich der ihn suchenden SS-Streife – angeführt von Oberscharführer Schmidt – als Wehrmachtsoffizier aus, nachdem Anna ihm eine Uniform gegeben hat.
Ein mit Ross zusammen geflohener Häftling leugnet nach seiner Verhaftung, diesen zu kennen und verübt Selbstmord, während die Nachricht von Hitlers Tod allgemeine Verunsicherung, vor allem unter der SS verursacht.
Am nächsten Tag erscheint Schmidt in Zivil mit den Papieren eines KZ-Häftlings, um sich der Roten Armee gegenüber als »Opfer« auszugeben. Es kommt zu einer Auseinandersetzung zwischen Ross und Schmidt, die durch das Eintreffen eines Trupps Rotarmisten unterbrochen wird. Schmidt verwickelt sich in Widersprüche und wird schließlich als Täter erkannt und erschossen.
Währenddessen finden im Haus Plünderungen und Vergewaltigungen statt. Ross wird abgeführt, kann aber den verantwortlichen Russen davon überzeugen, dass er kein Wehrmachtsangehöriger, sondern ein KZ-Häftling ist, und wird entlassen. Er kehrt zu Anna zurück – im Nebenzimmer wird ein Kind geboren.

 

Kontext / Analyse zu Die letzte Station

Remarque bietet mit seinem ersten und einzigen zu Lebzeiten aufgeführtem Theaterstück eine für 1956, dem Jahr der Uraufführung, neue und ungewöhnliche Sicht auf einen Gegner im Kalten Krieg, der 1945 noch Befreier war: die Rote Armee. Er lässt den Konflikt zwischen dem Ex-Häftling Ross und dem am Ende Ex-SS-Mann Schmidt von einem Offizier der Roten Armee auf der Bühne lösen. Der Offizier entscheidet, wer unter den Deutschen, die er vorfindet und die ihre Identität zu verstecken suchen, schuldig geworden ist, während unten im Haus die den Erwartungen und dem Bild des Publikums vom russischen Soldaten entsprechende Vergewaltigungen und Plünderungen stattfinden. Schmidt verrät sich aber durch Widersprüche und »zu gute« Papiere und wird auf der Bühne von den Rotarmisten erschossen.
Remarque zeichnet ein widersprüchliches Bild von den "Befreiern", deren Gräuel bei der Eroberung Berlins eindeutig von den Verbrechen der Deutschen Wehrmacht bei der Eroberung Russlands motiviert sind. Gleichzeitig zeigt Remarque, dass die Deutschen selbst nicht in der Lage gewesen wären, sich vom Nationalsozialismus zu befreien, sondern dass es hierzu der alliierten Befreier, vor allem aber wohl der Roten Armee bedurfte.
Mit Die letzte Station brachte Remarque sein persönliches Re-Education-Programm auf die Bühne. Wie auch die Romane Der Funke Leben, Zeit zu leben und Zeit zu sterben und Der schwarze Obelisk war es ein Kommentar zur Rehabilitierung der NS-Täter, der Adenauer-Restauration und zum Kalten Krieg. Positionen, die nicht nur 1956, sondern auch heute noch genügend Anlass zur Diskussion bieten.
In seiner Originalfassung wurde das Stück in Deutschland nur selten, in Mittel- und Osteuropa dagegen bis heute mit großem Erfolg aufgeführt. Remarque selbst arbeitete bis in die späten 1960er Jahre an seinem Stück, geplante Broadway-Aufführungen kommen aber erst nach seinem Tod, 1973, zustande, und zwar in einer Adaption von Peter Stone.
Für deutsche Bühnen jedoch erfuhr das Stück Ende der 70er Jahre durch Ludwig Cremer eine neue Bearbeitung, die 1980 in seiner eigenen Inszenierung an der Zürcher »Bühne 64« aufgeführt wurde. Durch die ersatzlose Streichung der Rotarmisten ließ Cremer von den »Befreiern« nur noch das Klischee von vergewaltigenden »Untermenschen« wirken – und verkehrte so Remarques Intention in ihr Gegenteil.
Der Hunzinger-Verlag erwarb 1980 die alleinigen deutschsprachigen Rechte am Stück, und zwar für die Cremer-Fassung, so dass heute lediglich die Bearbeitung, nicht aber der Remarque-Text gespielt werden kann.

 

Bibliographie

Drucke der Fassungen

Berlin 45 / Originalsprachiger Druck

Erich Maria Remarque. Berlin 45. Schauspiel in zwei Teilen. Paris: Martonplay, [1955/56]. Geheftet, 84 und 86 Seiten [Der Druck unterscheidet sich von der späteren »Karlweiß«-Fassung und diente vermutlich der Sicherung des copyrights als originalsprachiger Erstdruck in Kleinstauflage. Das im Deutschen Literaturarchiv Marbach verwahrte Typoskript mit eigenhändigen Korrekturen Remarques ist mit diesem Druck identisch.] [R-C 1.130/001].

»Karlweiß«-Fassung / Originalsprachiger Druck

Die letzte Station. Schauspiel in zwei Teilen von Erich Maria Remarque. Berlin: Oscar Karlweiß, [1956]. Broschur, 153 Seiten.- Unverkäufliches Bühnenmanuskript [Das als unverkäufliches Bühnenmanuskript vervielfältigte Typoskript lag bereits zur Uraufführung am 20. September 1956 am Berliner Renaissance-Theater vor und druckt die dort gespielte, bis kurz vor der Premiere vom Autor überarbeitete Fassung des Textes.] [R-A 1.13.001]

»Hunzinger«-Fassung / Originalsprachige Drucke

Die letzte Station. Schauspiel in zwei Teilen von Erich Maria Remarque. Bearbeitung Ludwig Cremer. [Bad Homburg]: Stefani Hunzinger Bühnenverlag, o.J. [um 1960]. 71 Seiten.- Unverkäufliches Bühnenmanuskript [Text folgt (als Kopie) mit geringfügigen Abweichungen dem Karlweiß-Druck. Vorstufe zur endgültigen, von Ludwig Cremer bearbeiteten Fassung.] [R-A 1.13.005].

Erich Maria Remarque. Die letzte Station. (Theaterstück in zwei Teilen). Bad Homburg: Stefani Hunzinger Bühnenverlag, o.J. 74 Seiten.- Unverkäufliches Bühnenmanuskript [Text der von Ludwig Cremer bearbeiteten Fassung, allerdings wird in diesem Druck nicht mehr auf die umfassende Bearbeitung und die zum Teil gravierenden textlichen Änderungen hingewiesen.] [R-A 1.13.005].

Full Circle / Originalsprachige Drucke

The Last Station by Erich Maria Remarque adaption by Peter Stone. New York: Sigma Productions, 1973. 160 Seiten.- Unverkäufliches Bühnenmanuskript [Als Bühnenmanuskript vervielfältigte Überarbeitung, die Stone noch in Zusammenarbeit mit Remarque in den 1960er Jahren begann, jedoch erst zur Erstaufführung dieser Fassung am New Yorker ANTA-Theatre (07.11.1973) fertigstellte.] [R-C 1.128/001, R-A 1.13.002/1].

Full Circle. A Play by Erich Maria Remarque. As adapted by Peter Stone. New York: Harcourt Brace Jovanovich Inc., 1974 (Harvest Book 282). viii, 116 Seiten [Der Erstaufführung folgender Druck der Stone-Bearbeitung.]

 

Weiterführende Literatur zu Die letzte Station

Allgemeine Literatur / Programmhefte / Materialien

»Erich Maria Remarque als Regisseur? Ein Bühnenstück über Berlin geplant«. Freie Presse (Berlin), Nov. 1955 [R-A 8.13.001].

E.S. »Remarque, Erich Maria: 'Die letzte Station'«. Joseph Gregor. Der Schauspielführer Bd. VI. Stuttgart: Anton Hiersemann, 1957, 74-76 [R-A 8.13.020].

Vornkahl, Detlef / Westphalen, Tilman (eds.). Erich Maria Remarque. Die letzte Station. 8. Mai 1985. Osnabrück: Universität Osnabrück, 1985 [R-A 8.13.041/1].

»Die letzte Station«. Düsseldorf: Kammerspiele Düsseldorf (Programmheft), 09.03.1995 [R-A N 8.13.043].

»Die letzte Station«. Schleswig: Schleswig-Holsteinisches Landestheater (Programmheft), 09.04.1995 [R-A N 8.13.070].

Studien und wissenschaftliche Aufsätze (chronologisch)

Detlef Vornkahl, Tilman Westphalen (eds). Erich Maria Remarque. Die letzte Station. 8. Mai 1985. Materialien zu Erich Maria Remarque als politischer Autor und zu seinem Theaterstück »Die letzte Station«. Osnabrück: Universität/Erich-Maria-Remarque-Dokumentationsstelle, Fachbereich Sprache, Literatur, Medien, 1985 (Schriftenreihe der Erich Maria Remarque-Dokumentationsstelle 3), 68 pp.

Lothar Schwindt. Erich Maria Remarque: Die letzte Station. Entstehung und Rezeption. Osnabrück: Universität Osnabrück, FB SLW [Magisterarbeit], 1988, [masch.] 175 pp.

Harley U. Taylor. Erich Maria Remarque. A literary and film biography. New York, Bern, Frankfurt/Main, Paris: Peter Lang, 1989 (American University Studies I, 65), 223–228.

Hans Wagener. Understanding Erich Maria Remarque. Columbia, SC: University of South Carolina Press, 1991 (Understanding Modern European and Latin American Literature), 115–118.

Thomas F. Schneider. »The Empty Stage. Comments on the stage ›war‹ about Erich Maria Remarque’s Die letzte Station«. Wolfgang Görtschacher, Holger Klein (eds.). Modern War on Stage and Screen/Der moderne Krieg auf der Bühne. Lewiston, NY: Edwin Mellen, 1997, 53–66.

N.Ju. Darzhuk. »Dramaticheskij polilog v aspekte perevoda«. Idei, Gipotezy, Poisk... Germanistika i perevodovedenie (Magadan) 11 (2004), 16–22.

Chris Lea Hartmann. Erich Maria Remarques Schauspiel Die letzte Station (1956) im unterrichtlichen Kontext des Beruflichen Gymnasiums. Ein didaktisch-konzeptioneller Ansatz zur Etablierung. Osnabrück: Universität Osnabrück, FB SLW [Masterarbeit], 2018.

Rezensionen

Wischnewski, Klaus. »Lasst Euer Publikum Revue passieren. Zu 'Die letzte Station' von Erich Maria Remarque«. Theater der Zeit (Berlin) 11 (1956), 11, 41-43 [R-A 8.13.004].

Burger, Eric. »Große Remarque-Premiere. 'Die letzte Station' im Renaissance-Theater«. Der Kurier (Berlin), 222, 21.09.1956, 3 [R-A 8.13.004/2].

Bronnen, Arnold. »Remarque: Im Westen was Neues. Zur Uraufführung der 'Letzten Station' in Westberlin«. Berliner Zeitung (Berlin, DDR), 22.09.1956 [R-A 8.13005].

Luft, Friedrich. »Keiner war ohne heimliche Schuld. 'Die letzte Station': Remarques Stück um den Fall Berlins uraufgeführt«. Die Welt (Hamburg, 223, 22.09.1956, 13 [R-A 8.13.007].

Merth, Othmar. »Erregendes Schauspiel. Remarques 'Die letzte Station' erfolgreich uraufgeführt«. Berliner Morgenpost, 22.09.1956 [R-A 8.13.007/1]. •Omansen, Willibald. "Ehrfurcht vor dem Leben. Remarque-Uraufführung in Berlin: 'Die letzte Station'". Westdeutsche Allgemeine Zeitung (Essen), 22.09.1956 [R-A 8.13.009].

»Im Berliner Westen was Neues. Erich Maria Remarque hebt sein erstes Bühnenstück 'Die letzte Station' zu den Berliner Festwochen aus der Taufe«. Radio Revue. Die Berliner Film-Illustrierte, 23.-29.09.1956, 6-7 [R-A 8.13.010/1].

Schäfer, E.G. »Berliner Festwochen I. Erich M. Remarque triumphiert. Uraufführung von 'Die letzte Station' – Barrault in 'Le personnage combattant'«. Kölnische Rundschau, 26.09.1956 [R-A 8.13.013/1].

»Die letzte Station. Remarques großer Erfolg bei den Berliner Festwochen«. Münchner Illustrierte, 06.10.1956, 8-9 [R-A 8.13.016/1].

»Die letzte Station«. Revue (München), 40, 06.10.1956 [R-A N 8.13.016/3].

Kusche, Lothar. »Erich Maria Remarques Warnung«. Die Weltbühne (Berlin, DDR), 42, 17.10.1956, 1339-1341 [R-A 8.13.017].

Döderlin, Karl Reinhold. »Remarque eroberte sich die Bühne. Zur Aufführung seines Schauspiels 'Die letzte Station' im Renaissance-Theater Berlin«. Neue Zeit (Berlin, DDR), 16.11.1956 [R-A 8.13.019].

Torberg, Friedrich. »Renaissance im Keller. Erich Maria Remarques 'Letzte Station' im Parkring-Theater«. Forum (Berlin) 4 (1957), 66 [R-A 8.13.022].

Charlamow, Michail. »Frühling war's... 'Die letzte Station' Remarques im Moskauer Theater der Sowjetarmee«. Sowjetunion heute (Köln), 9, 1958, 21 [R-A 8.13.024].

Schulte, Gerd. »Wird Remarque das Theater erobern? Das Berliner Gastspiel 'Die letzte Station' im Theater am Aegi«. Hannoversche Allgemeine Zeitung, 09.01.1958 [R-A 8.13.025/1].

Borkowski, Dieter. »'Die letzte Station'. DDR-Erstaufführung zu den Berliner Festtagen«. Tribüne. Organ des FDGB (Berlin, DDR), 29.11.1958 [R-A 8.13.028].

Erpenbeck, Fritz. »Reisser. 'Die letzte Station' von Erich Maria Remarque in den Kammerspielen Berlin«. Theater der Zeit 14 (1959), 1, Jan. 1959, 51-53 [R-A 8.13.034/1].

Feldman, Trude B. »Remarque-Pemiere in Washington«. Aufbau (New York, USA), Okt. 1973 [R-A 8.13.034/1].

Watts, Richard. »When Berlin Was Falling«. New York Post, 08.11.1973, 78 [R-A 8.13.035].

Lubowski, Richard. »'Diese Rolle nimmt mein ganzes Herz'. Eric Schildkraut in Remarques einzigem Bühnenstück«. Hamburger Abendblatt, 228, 15 [R-A 8.13.040].

»Friede unter Angst und Schrecken geboren. Städtetheater: Remarque schildert Schrecken des Krieges. Autor von 'Im Westen nichts Neues' kommt in Dinkelsbühl zu Wort«. Fränkische Landeszeitung, 40, 18.02.1987 [R-A 8.13.043].

Merten, Ulrike. »Drama um 'Die letzte Station'. Remarque-Premiere in den Kammerspielen«. Neue Rhein-Zeitung (Düsseldorf), 07.03.1995 [R-A N 8.13.061].

»Ebenso spannende wie unheimliche Zeitblende. Gelungene Schleswiger Premiere von Remarques 'Die letzte Station'«. Holsteinischer Courier (Neumünster), 11.04.1995 [R-A N 8.13.071/1].