Ostatnia
Stacja
nach Erich Maria Remarques Schauspiel Die letzte Station (1956)
Polen
1967; TVP
Regie: Zygmunt Hübner; Buch: Zygmunt Hübner; Übersetzung: Julisz Stroynowski;
Szenenbild: Krystyna Husarska; Produktion:
Anna Minkiewicz; Darsteller:
Mirosława Dubrawska
(Anna), Gustaw. Holoubek
(Ross), Gustaw Lutkiewicz (Szmidt), Iga Cembrzyńska
(Greta), Czesław Roszkowski
(Koch), Andrzej Zaorski (Mack), Jerzy Radwan
(Maurer), Krzysztof Kumor, Bogdan Łysakowski,
Wiktor Nanowski, Bolesław
Płotnicki (Russen)
Erstaufführung: 8. Mai 1967, TVP
Ostatnia Stacja ist eine 1967 produzierte polnische Verfilmung
von Erich Maria Remarques Theaterstück Die letzte
Station (1956). Der polnische Sender TVP strahlte die Verfilmung
des Regisseurs Zygmunt Hübner am 8. Mai 1967 aus. Zwei Aspekte machen die
Verfilmung für die Forschung interessant. Einerseits ist Remarques Theaterstück
Die letzte Station in der Bundesrepublik nicht allzu erfolgreich gewesen, in
Osteuropa lassen sich allerdings nach der Veröffentlichung der russischen Theaterfassung
unzählige Inszenierungen finden. In der Tschechoslowakei, in der UdSSR und in
Polen stand das Stück zum Teil jahrzehntelang auf Theaterspielplänen. Das Stück
wurde in Osteuropa sowohl in Polen als auch in der Slowakei verfilmt. Zudem ist
die Verfilmung in der Remarque-Forschung bisher noch nicht erschlossen.
Der Film Ostatnia Stacja wurde erstmalig und, den
Recherchen zufolge, einmalig am 8. Mai 1967 vom polnischen TV-Sender TVP
gesendet. Von einer weiteren Verwendung und späteren Kommerzialisierung ist nichts
bekannt. Der Sender strahlte den Film montags um 20:05 Uhr aus. TVP war, neben
sieben weiteren regionalen Fernsehzentren mit geringer, eigener Programmzeit,
zu dieser Zeit der einzige, landesweite TV-Sender und stand unter staatlicher
Kontrolle. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Film jedem, der ein
Fernsehgerät besaß, zugänglich war. Untersuchungen zu Einschaltquoten gab es
damals jedoch nicht. Als Hauptfernsehsender hatte TVP das Monopol auf die Berichterstattung
und die Ausstrahlung aller Formate – da es sich um einen staatlichen Sender
handelte, lag das Informationsmonopol folglich primär bei der regierenden
Polnischen Arbeiterpartei (PZPR). Fernseh- und Filmskripts mussten dem »Hauptamt
für Kontrolle der Presse, Veröffentlichung und Schaustellung« (GUKPPiW) zur Präventivzensur vorgelegt werden. Viele
Programmentscheidungen wurden somit durch Zensoren getroffen. In der
Fernsehanstalt waren die Direktoren für die Zensur verantwortlich. Für eine
Aufnahme in das Fernsehprogramm und die Ausstrahlung zu guten Sendezeiten waren
entsprechende Beziehungen und ein gewisser Bekanntheitsgrad von Vorteil. Für die
Veröffentlichung von Ostatnia Stacja waren
folglich sowohl der gute Ruf des Regisseurs Zygmunt Hübner als auch die
Popularität Remarques in Polen von Bedeutung. Erwähnenswert ist dabei, dass es
sich bei Zygmunt Hübner um eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der
polnischen Film- und Theaterszene der Nachkriegszeit handelt. Die Schauspielerinnen
und Schauspieler gehörten in Polen zu den renommiertesten Darstellern, sowohl
des Theaters als auch des Films und Fernsehens.
Erich Maria Remarque gilt weltweit als einer
der bedeutendsten deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts. Seine Werke
wurden in 58 Sprachen übersetzt. Insbesondere sein Werk Im Westen nichts Neues wird als fundamentaler Antikriegs-Roman
aufgefasst. Die Werte des Menschen und vor allem Humanität stehen im
Mittelpunkt seines Gesamtwerks, sodass Remarque über seinen Tod hinaus ein
aktueller und viel rezipierter Autor bleibt. In Polen besitzt Remarque einen
besonderen Stellenwert. Insbesondere Stefan Napierski
trug als Übersetzer seiner Werke einen Großteil zu dieser Entwicklung bei,
indem er durch persönliche Gespräche mit Remarque eine originalgetreue
Übersetzung ermöglichte. Die Zeit der Weltkriege wurde in der polnischen
Literatur selten thematisiert, wodurch ein großer Bedarf nach Aufarbeitung
entstand. Die einfach gehaltene Rhetorik Remarques fördert die Aussagekraft seiner
Texte. Auf das Wesentliche reduziert konnten Remarques Werke der polnischen
Öffentlichkeit die Kriegserfahrungen der Menschen veranschaulichen und Wege aus
der Kriegsmüdigkeit aufzeigen. Dennoch gab es auch Gegner Remarques in Polen.
Beispielsweis unter Nationalisten, von denen nicht zuletzt das Argument des »deutschen«
Werkes als ausschlaggebender Kritikpunkt angesehen und sogar Verbotsversuche
angestrebt wurden. Kommunisten lehnten Remarque ebenfalls ab, da sie seinen
Werken unter anderem vorwarfen, kriegsverherrlichend zu sein. Kriegsursache und
-bekämpfung seien zusätzlich gänzlich übergangen worden. Selbst Napierski deutet zumindest auf Remarques Nationalität hin
und bezeichnet ihn als Angehörigen der »Rasse der Eroberungslustigen und
Unproblematischen«, denen »die Zukunft gehören wird«. Das Militär wertete
deutsche Werke ebenfalls ab, lobte aber bei Remarque die Darstellung der
Beziehung der Frontkameraden untereinander sowie die zu ihren Vorgesetzten.
Positiv hervorgehoben wurden erzieherische Aspekte der Armee und die
Kameradschaft unter den Soldaten in Remarques Werken. Remarques eigene
Erfahrungen als Soldat im Krieg verhalfen seinen Darstellungen zu einer
besonderen Aussagekraft und Authentizität. Er erkannte den Verlust der
Autorität der Alten und Eliten der Gesellschaft und deren enttäuschte
Hoffnungen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg standen vor allem
Remarques antikommunistische und seine als kleinbürgerlich empfundenen Werke in
Polen in der Kritik. Er wurde dennoch als hervorragender Reporter und
Frontberichterstatter angesehen, der den Krieg nicht beschönigend, sondern
realistisch darstellte und Ekel, Hilflosigkeit und Bedrücktheit als Teil des
Krieges erklärte. Aus diesem Grund wurden seine Werke als wertvoll erachtet. Insbesondere
Arc de Triomphe aus dem
Jahre 1945 hatte großen Einfluss auf das alltägliche Leben der
Nachkriegsgeneration. Remarque wurde vielfach zitiert, beispielsweise wurden
Neugeborene häufig nach den Protagonisten seiner Werke benannt. So wurde er zu
einem »Kulturphänomen«. In seinen Werken erfasste er die gesellschaftliche
Stimmung. Dadurch, dass Remarque Helden schuf, die aus dem Bürgertum stammten
sowie Ohnmacht und Verständnislosigkeit bezüglich des Krieges empfanden,
gewannen seine Charaktere an Sympathie und Authentizität. Die Milestone-Verfilmung
von Arc de Triomphe führte 1957 zu einer
weiteren Welle der Remarque-Nostalgie und -Popularität. Die Bekanntheit Remarques
ging so weit, dass die Kenntnis seiner Werke gesellschaftlich fast erwartet
wurde. Arc de Triomphe entwickelte sich in Polen
zum erfolgreichsten Werk und wurde in sämtlichen Medien adaptiert. Von
konservativen Katholiken wurde Remarque jedoch streng kritisiert. Im Zuge
dieser Kritik reichten die Diffamierungen bis zu Pornographie-Vorwürfen. Remarques
humanitärer Zynismus und der Glaube an den Menschen konnten sich gegenüber
solchen Unterstellungen jedoch durchsetzen.
Der Aufbau und die Struktur der Verfilmung Ostatnia Stacja entsprechen
gemäß den Ergebnissen des Vergleichs bis auf einige Ausnahmen dem
Bühnenmanuskript Die letzte Station.
Trotz der Veränderungen bleibt der Inhalt von Manuskript und Verfilmung gleich.
Obwohl die Verfilmung Regieanweisungen teilweise auslässt, scheint dies keine
gravierenden Auswirkungen auf textliche Veränderungen zu haben. Textliche
Veränderungen wurden zwar an einigen Stellen vorgenommen, dies hat aber keine
nennenswerten Auswirkungen auf die Aussage des Stücks. Es ist zu beachten, dass
Remarques Die letzte Station bereits
vor der Fernsehverfilmung in zahlreichen polnischen Theatern aufgeführt wurde. Das
Stück war somit einem Großteil des Publikums bekannt. Diese Tatsache legt die Vermutung
nahe, dass größere und bedeutende Abweichungen in der Verfilmung zur Irritationen
geführt hätten.
Weitere Informationen und polnische
Rezensionen http://www.zygmunthubner.pl/12_erich_maria_remarque_-_ostatnia_stacja_1967
Stefanie Bergmann,, Eva Birkemeyer,
Klara Boeckh, Nadine Busse, Florian Dirker, Nele Laura Nielebock,
Katharina Quebbemann, Andreas Schäfer, Doreen Sefen (April 2017)